Gestern war ich mit meiner Tochter in Köln.
Ich habe sie dorthin begleitet um ihre Einkaufstaschen zu tragen!
Das war im Vorfeld tatsächlich schon so geplant.
Sie hat nämlich um 15.00 Uhr ihre Urkunde zur Beamtenernnung bei der Regierungspräsidentin in Empfang genommen und da wollte sie ungerne mit den Einkaufstüten hin.
Aber der Reihe nach. In die Metropole Köln reisen wir immer mit der Bahn. Dazu leihen wir uns Tickets aus, sogegenannte Formel 9-Tickets. Die sind übertragbar und wir kennen etliche Personen bei denen wir sie öfters ausleihen. Nach 50 Minuten Bahnfahrt mischten wir uns in der immer sehr belebten "Hohe Straße" unters überwiegend recht junge Volk. Ich hasse diese Einkaufsmeile ... aber was tut man nicht alles fürs Kindelein... Schlimmer noch als die Völkerscharen finde ich die laute Musik in den Läden. Naja, zum Glück ging das Shopping recht fix, sie war kauffreudig und noch viel besser - entscheidungsfreudig! Etliche Tüten waren gefüllt, Jacke, mehrere T-Shirts, eine süße Bluse, alles schleppte sie schön brav durch die city.
Gegen Mittag bekamen wir Hunger und in Ermangelung eines schönen Restaurants schlug ich vor im Kaufhof etwas zu essen, im DINEA-Restaurant in einer der oberen Etagen. Dort hatten ich schon Jahre nicht mehr gespeist und als wir endlich zwei Plätze ergattert hatten, ließen wir es uns schmecken. Currywurst klassisch mit Fritten für sie, ich hatte mir mein Mittagsmahl am Bufett zusammengestellt, Frikadelle, Salat und Gemüse. Preiswert fand ich es ehrlich gesagt nicht, vor allem die Getränke sind teuer. Die laute Kantinenatmosspäre ist für solch eine Lokalität natürlich obligatorisch.
Wir saßen alleine an einem kleinen Tisch. Neben uns nahmen wir ein Ehepaar im Alter von 60+ wahr, eine Frau mit sehr schlanker Figur, gekleidet in pink-bunt geringelten T-Shirt, darüber eine pinke ärmellose passende Weste. An den Mann kann ich mich gar nicht recht erinnern. Die beiden waren total unauffällig. Eine weitere Frau setzte sich zu ihnen an den Tisch, etwa Mitte bis Ende 30 Jahre alt. Sie war pummelig (nichts verwerfliches- bin ich auch), aber sehr unvorteilhaft gekleidet, zu enges T-Shirt billigster Qualität und eine Hose, die nicht saß. Die Frau hatte mittellange braune Haare und war nicht besonders attraktiv. Ich habe sie aber gar nicht weiter beachtet, war der Meinung, dass sie nicht zu dem Ehepaar gehört und nur deshalb an dem Tisch saß, weil sie nirgends alleine an einem Tisch einen Platz bekommen hatte. Nach kurzer Zeit stand sie wieder auf und ging. Als wir mit unserem Essen fertig waren, blieben wir noch etwas sitzen. Mit dem Handy rief ich zu Hause an und telefonierte mit Sohn und Mutter. Noch während des Telefonats nahm ich wahr, dass meine Tochter sich angeregt mit dem Ehepaar am Nachbartisch unterhielt. Ich fand das irgendwie befremdlich, denn zuvor war kein Wort der Unterhaltung gefallen. Das Wort "Eifel" fiel mehrmals bei ihrem lebhaften Wortwechsel. Da wurde ich hellhörig und beendete schnell und neugierig mein Telefonat. Sofort bezog mich die Frau in das Gespräch ein. Sie sagte mir unverblümt, dass sie bei meinem Gesprächsbeginn die Tochter gefragt habe, ob wir aus der Eifel kämen! Sie sagte, ich hätte so einen ausgeprägten Eifel-Dialekt!!! Wie bitte??? Da war ich aber ganz schön verblüfft! Okay, rheinische Einfärbungen prägen meine Sprache ganz besonders dann, wenn ich mit meiner Mutter spreche. Mit ihr spreche ich nämlich Dialekt, genaugenommen das "Däller Platt", das sich erheblich vom "Kölschen" unterscheidet. Das Tochterkind hatte der Dame erklärt, wo wir zuhause sind. In ziemlichen Hochdeutsch. Natürlich hat sie dabei nicht ausgelassen, dass wir lange Jahre in der Eifel gewohnt haben. Nachdem wir das geklärt hatten, ging die Frau nahtlos zu einem neuen Thema über. Die am Tisch kurz aufgetauchte Frau war ihr Kind! Eine unglückliche Tochter. Wir wurden von ihr völlig ins Bilde gesetzt, warum die Tochter so ist, wie sie ist, nämlich "unglücklich". Im Kölner Sprachgebrauch auch angewendet bei "missraten", "erfolglos". Ungewollt erfuhren wir, dass die Tochter Lehramt studiert hat aber jetzt den Beruf der Lehrerin nicht mehr ausüben kann, weil sie dafür nicht geschaffen ist. Seitdem isst sie ihren Frust weg und lässt sich gehen. Die Mutter wirkte einerseits sehr besorgt aber auch ratlos und verzweifelt. Sie erzählte uns mit ihrem kölschen "Singsang" Begebenheiten privatester Naur aus dem Leben ihrer Tochter, die uns hilflos machten angemessen zu reagieren. War das Gespräch bis vor wenigen Minuten noch lustig gewesen, so spürte ich ganz deutlich, dass hier Hilfe angebracht wäre. Wahrscheinlich trägt der Mann (Ehemann? Vater) nicht unbedingt dazu bei. Völlig eindruckslos rührte er hin und wieder mit dem Löffel in seiner leeren Suppentasse.
Die unverblümte Frage "Kommen Sie aus der Eifel?" hätte ich gerne mit der Dame etwas vertieft, die feinen Sprachunterschiede deutlich gemacht. Dass nämlich das Eifeler Platt ähnlich der kölschen Mundart ein ripuarischer Dialekt ist und mein "Däller Platt" zwar noch rheinisch ist, sich aber dennoch stark unterscheidet und nicht mehr ripuarisch ist, sondern eher moselfränkisch. Eigentlich ein Misch-Masch aus beiden Dialekten, weil unsere Gegend im Dialektgrenzgebiet zwischen der gemütlichen ripuarischen Dialektgruppe (Kölsch) und der völlig anderen teils etwas schärfer ausgesprochenen moselfränkischen Dialektgruppe (Westerwälderisch/Wäller Platt) liegt.
Die Grenzen verlaufen allerdings fließend und bei mir speziell kommt noch hinzu: ein Ehemann der stark ripuarisch gefärbt sprach und meine vielen Jahre fernab meiner Heimat, meines Dörfchens, in Bonn und später in der Eifel.
Und das prägt und färbt die Sprache mitunter anders - ohne dass man selbst bemerkt.
Genug der Kunde?!
Töchterchen und ich sind jedenfalls noch immer verwundert über die beiden Gesprächsstränge, gestern in Kölle!
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Ganz froh und glücklich bin ich, dass unsere Dorfzeitung "Däller Rundschau" fertig gestellt ist und mit 88 Seiten das seitenstärkste Heft seit Erscheinen ist. Zum ersten Mal fast komplett in Farbe, ist diese 39. Ausgabe ein gutes Stück Arbeit für mich gewesen.
Mit diesem Frankfurter Kranz verabschiede ich alles Leser und bedanke mich für Euer Interesse an meinem Blog und für die vielen netten Kommentare zu "Ein neues Design":
(den Frankfurter habe ich am Donnerstag gebacken - die viele Arbeit hat sich gelohnt, wie man sieht...Meine Mutter hatte gestern Geburtstag. Es ist der Lieblingskuchen der alten Dame)
Zum Glück sind noch ein paar Stücke da!